Unpresidented

Bild: Alex Brandon / AP
In Donald Trumps Universum der «alternativen Fakten» gerät auch die Rechtschreibung unter Beschuss.
Als George Bernard Shaw einst der englischen Orthographie den Krieg erklärte, weil die Anzahl der Schriftzeichen im Missverhältnis zu ihren phonetischen Ausdrucksmöglichkeiten stehe, konnte er nicht ahnen, dass seine Idee, die Schreibweise dem Klang anzugleichen, im Online-Zeitalter neue Aktualität erhalten sollte. Zwar hatte Shaw, der die Einführung lautlich adäquater Buchstaben noch nach seinem Tod gerichtlich durchsetzen lassen wollte, nicht die Abbreviaturen im Sinn, die mit dem Texten und dem Twittern Usus geworden sind. Doch die Schwierigkeit, das Englische korrekt zu buchstabieren, ist auch im Zeitalter der Autokorrektur nicht kleiner geworden. Der jüngste Beweis dafür kommt aus dem Weissen Haus.
An fehlerhafte Verlautbarungen aus Washington, auch «alternative Fakten» genannt, sind wir inzwischen gewöhnt, manch einem könnte freilich entgangen sein, dass die zweifelhafte Expertise der neuen Regierung auch die Rechtschreibung nicht verschont. Weisen schon Donald Trumps rund um die Uhr abgefeuerte Tweets notorisch Schreibfehler auf, so hat die Schluderei in der Orthographie nun auch die offiziellen Statements erfasst. Selbst das Motto auf dem Inaugurations-Porträt, das auf der Website der Library of Congress vertrieben wird, gelang nicht fehlerfrei: «No dream is too big, no challenge is to (sic) great» – ausser die Herausforderung, vor die der korrekte Gebrauch der Buchstaben stellt. Das fehlende O sei einzeln erhältlich, scherzte ein Twitter-User. […]
Andrea Köhler wurde in Bad Pyrmont geboren. Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Braunschweig und Freiburg im Breisgau begann sie 1984 als freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Literaturkritik. Von 1991 bis 1994 arbeitete sie als Kulturkorrespondentin in Paris. Seit 1995 Mitglied der NZZ-Feuilleton-Redaktion, zunächst mit Zuständigkeit für die deutschsprachige Literatur; von 2001 bis 2018 lebte sie als Kulturkorrespondentin für die NZZ in New York. Im Jahr 2000 war sie Visiting Professor an der Washington University of St. Louis. 2003 erste Preisträgerin des Berliner Preises für Literaturkritik. 2004 Max Kade Fellowship und 2017 Fellowship der Bogliasco Foundation in Italien.