Jongleur des Möglichkeitssinns

Bild: Monier / Rue des archives / Keystone)
Was ist Leben, was ist Kunst? Der US-Autor Paul Auster feiert seinen 70. Geburtstag mit einem weiteren literarischen Verwirrspiel.
«The Road not Taken» heisst ein oft zitiertes Gedicht des amerikanischen Lyrikers Robert Frost, das von einer Weggabelung im Wald handelt, der eine schicksalhafte Bedeutung zukommt. «The road not taken» ist so etwas wie unser Lebensschatten. Die Frage «Was wäre, wenn?» war schon immer ein Faszinosum für Schriftsteller, die das Spiel mit Optionen immerhin zu ihrem Beruf gemacht haben.
Paul Auster ist ein besonders gewiefter Jongleur des Möglichkeitssinns – das Raffinement, mit dem er Wirklichkeit und Fiktion in seinen siebzehn Romanen und fünf Autobiografien ineinander verwebt, hat ihm den Ruf eines Meisters der metafiktionalen Vexierspiele eingebracht. In seinem soeben erschienenen neuen Roman mit dem Abzählvers-Titel «4321» gibt der Autor seiner Figur Archie Ferguson vier unterschiedliche Biografien mit auf den Weg. Sie alle haben freilich eines gemein: Geboren am 3. März 1947, hat Archie exakt einen Monat nach Paul Austers eigener Geburt, heute vor siebzig Jahren, das Licht der Welt erblickt. […]
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Andrea Köhler wurde in Bad Pyrmont geboren. Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Braunschweig und Freiburg im Breisgau begann sie 1984 als freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Literaturkritik. Von 1991 bis 1994 arbeitete sie als Kulturkorrespondentin in Paris. Seit 1995 Mitglied der NZZ-Feuilleton-Redaktion, zunächst mit Zuständigkeit für die deutschsprachige Literatur; von 2001 bis 2018 lebte sie als Kulturkorrespondentin für die NZZ in New York. Im Jahr 2000 war sie Visiting Professor an der Washington University of St. Louis. 2003 erste Preisträgerin des Berliner Preises für Literaturkritik. 2004 Max Kade Fellowship und 2017 Fellowship der Bogliasco Foundation in Italien.